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Lennart Zwielicht

Meine Reise in die Welt des Fesselns begann Anfang der 2000er – mit einem Gang in einen Buchladen. Ohne Wikipedia, Shibari Study und YouTube musste ich (kaum 18 Jahre alt) einer vagen Idee folgend der älteren Verkäuferin erklären, was für eine Art von Buch ich gerne hätte – es gab zwei zur Auswahl.

Nach und nach habe ich viele Gleichgesinnte kennengelernt, von ihnen gelernt und meinen eigenen Stil entwickelt. Bis heute sehe ich das Fesseln als eine Reise an, die nie zu Ende geht, sondern sich mit jedem neuen Tag, mit jeder Begegnung und mit jedem Menschen entwickelt.

 

Sensual Fusion“ nenne ich meinen Fesselstil, weil er Stilrichtungen und Menschen verbinden kann. Ich bediene mich seit nunmehr fast 20 Jahren einer Vielzahl von Techniken. Meine Einflüsse liegen im traditionellen japanischen Shibari, aber auch in westlichen Fesselstilen, gespickt mit Elementen aus Kampfkunst, Körpermobilisation und Körperarbeitstechniken –

ohne Dogmen und starre Rollenmodelle. Es geht darum, den Moment zu genießen, eben so, wie er sich für die Beteiligten gut anfühlt.

Es ist mir ein Anliegen zu entzaubern und zu verzaubern.

Den Mythos, dass Shibari eine große Kunst sei, schwer zu erlernen und nur wenige Meister das Wissen wirklich beherrschen, entzaubern. Denn das, was als Shibari bezeichnet wird, beruht auf sehr wenigen, leicht zu erlernenden Grundtechniken, den Grundschritten eines Tanzes gleich. Und wie bei einem Tanz hängt es dann von der Umsetzung ab, ob die Bewegung holprig oder verzaubernd wirkt.

Als professioneller Beziehungs- und Sexualberater ist es mir zudem wichtig, die Mechanismen der noch sehr patriarchalen und heteronormativen BDSM- und Shibari-Szene offen zu kommunizieren und einen Raum und einen Zugang zu bieten, der wirklich offen für alle Menschen und ihre Wünsche und Bedürfnisse ist, unabhängig von Gender, (A-)Sexualität, Körper(-formen), Herkunft, Alter etc.

Meine  Philosophie

Behalte deinen Anfänger-Geist“, diese Grundhaltung, die ich in der Zen-Meditation kennengelernt habe, ist ein Kern meiner Fessel-Philosophie. Egal, wie viel Erfahrung und Können ich gesammelt habe, ich stehe jeder neuen Begegnung, jeder neuen Person offen und unvoreingenommen gegenüber, um herauszufinden, wohin uns die Reise führt.

 

Wird dies eine sinnlich entspannende Zeit, eine körperlich fordernde SM-Session mit Seil, eine ästhetisch dekorative Inszenierung meines Gegenübers? Soll es lustvoll sein, geht es um ein gemeinschaftliches Erleben oder trete ich zurück und lasse mein Gegenüber ganz in der Selbsterfahrung aufgehen? Viele Wege sind möglich, vieles kann verbunden werden und die Herausforderung ist, jedes Mal offen füreinander zu sein.

 

Bei meinem Einstieg in die Fesselszene war meine Grundintention, selbst gefesselt zu werden, die Kontrolle abzugeben, mich hinzugeben und fallen zu lassen. Und auch, wenn ich von Anfang an auf der aktiven Seite gelandet bin, prägt diese Intention meinen Fesselstil massiv, so dass das Augenmerk stark auf den Gefühlen der gefesselten Person liegt - nicht darauf, wie gut eine Fesselung auf Fotos aussieht oder ob ein Knoten rechts- oder linksherum geknüpft wurde.

 

Als aktiv Fesselnder wie auch in der Rolle des Workshopleiters muss ich mich dabei den Herausforderungen des Anfängergeistes stellen. Ich weiß nicht, was du brauchst, was dein Partner oder deine Partnerin braucht. Ich biete dir Optionen, ich biete dir Wege, dich und die Begegnung im Seil zu erkunden, ich teile mein Wissen und gebe dir ein individuelles und situatives Feedback. Ich kann deinen Weg begleiten, Techniken vermitteln, dich auf manche Stolpersteine hinweisen, dir Risiken aufzeigen – ich kann dich unterstützen, deinen eigenen Weg mit und im Seil zu suchen. Es liegt an dir, herauszufinden, welche Wege du gehen möchtest.

In meinen Workshops erkläre ich auch die kleinste Fesselung tiefgreifend. Es geht dabei um die technische Umsetzung, die physikalische Funktionsweise der Fesselung (warum halten die Seile, wie sie es tun, wo liegen eventuelle Schwachstellen, was sind Variationsmöglichkeiten), mögliche physiologische und psychologische Wirkungen auf den gefesselten Menschen sowie denkbare Einsatz- und Fortführungsmöglichkeiten.

 

Dementsprechend lehne ich ein modulares Schulungssystem und vorgefertigte Schemata ab. Welche Fesselung eine andere Person kennen sollte, was sie sich wünscht, erleben oder lernen will, ist individuell. Ich gestalte meine Workshops daher so, dass sie um eine Thematik oder Intention aufgebaut sind, und überlasse es meinen Teilnehmer:innen, das für sie passende zusammenzustellen. Zeugnisse oder „Prüfungen“ nehme ich nicht ab, weil sie nur eine externe aber nie eine sinnvoll objektive Momentaufnahme darstellen können und keine zukünftig sichere Fesselsession garantieren können.

 

Jede Fesselsession und jede Fesseltechnik beinhaltet Risiken, die man teilweise minimieren, aber nie ganz ausschließen kann. Umso mehr Wert lege ich auf eine klare und offene Kommunikation, damit alle Beteiligten gemeinsam entscheiden, welche Risiken sie eingehen und worauf sie in diesem Moment verzichten wollen.

Mein Ansatz als Workshopleiter

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